Fragen und Antworten zu Lymphdrainagegeräten

Von | 11. September 2016

Sie sind auf der Suche nach Informationen zu Lympdrainagegeräten. Hier beantworten wir Ihnen die häufigsten Fragen rund um die Anwendung und Wirkungsweise von Lymphdrainagegeräten, sowie zu den häufigsten Indikationen.

Lymphdrainagegerät

Medizinische Fragen zur apparativen Lymphdrainage

Flüssigkeitstransport im Körper

Um die Funktionsweise von Lymphdrainagegeräten zu verstehen ist es nützlich, sich einige Informationen zum kardiovaskulären System und seiner „Zusammenarbeit“ mit dem lymphatischen System in Erinnerung zu rufen.

Alle Blutgefässe und das Herz werden zusammen als kardiovaskuläres System bezeichnet. Die Blutgefässe in Herznähe weisen einen relativ grossen Durchmesser (Lumen) auf und verzweigen sich immer weiter, bis zu mikroskopisch kleinen Gefässen, den Kapillaren. Diese haben oft einen kleineren Durchmesser als die roten Blutkörperchen.

Im Bereich der Kapillaren findet der Austausch von Nährstoffen und Sauerstoff zwischen Blut und Gewebe statt. Manche Kapillaren haben eine innerste Zellschicht (Endothel) mit mikroskopisch kleinen Fenstern. Durch diese Fenster wird ein Teil des flüssigen Blutbestandteils (Blutplasma) mit den darin gelösten Nährstoffen (z.B. Proteine, Fette, Zucker) in den Zwischenzellraum (Interstitium) gepresst (Filtration). Hier kommt das Lymphgefäss-System ins Spiel. Die „blind“ im Gewebe beginnenden Kapillaren nehmen die Flüssigkeit mit den darin gelösten Stoffen auf. Sie transportieren diese Lymphflüssigkeit in sich sammelnden und immer grösser werdenden Lymphgefässen zum Venenwinkel. Hier wird die Flüssigkeit in den Blutkreislauf zurückgeleitet.

Das kardiovaskuläre System lässt sich in zwei Bereiche unterteilen. Das Hochdruckstystem, bestehend aus Arterien und linker Herzkammer, pumpt das Blut in die Organe und sorgt für deren ausreichende Versorgung. Das Niederdrucksystem, zu dem Venen, rechtes Herz und die Kapillaren gehören, verfügt über sehr dehnbare Gefässe, die viel Blut aufnehmen können. Es dient der Speicherung (ca.85% des zirkulierenden Volumens) und dem Rücktransport von venösem Blut zum Herzen.

Zusammenfassung

Das Blut fliesst in einem Kreislauf, der durch das Herz, die Muskelpumpe und andere Mechanismen angetrieben wird. Das Lymphsystem bildet keinen Kreislauf, sondern beginnt „blind“ im Zwischenzellraum und endet am Venenwinkel, wo die Flüssigkeit wieder an den Blutkreislauf abgegeben wird.

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Indikationen

Lymphdrainagegeräte werden zur Behandlung unterschiedlicher lymphatischer und venöser Erkrankungen angewendet. Dazu gehören das Lymphöden, das Lipödem, venöse Schwellungen, Hautveränderungen inkl. Ulcus cruris venosum (offenes Bein) bei chronischer venöser Insuffizienz (CVI), sowie die Thromboseprophylaxe bei immobilen Patienten. Weniger bekannte Indikationen sind die Osteoporoseprävention, Therapie nach Achillessehnenverletzungen und bei Morbus Sudeck. Unter strenger ärztlicher Kontrolle können Lymphdrainagegeräte auch zur erfolgreichen Behandlung der Schaufensterkrankheit (Claudicatio intermittens) angewendet werden.

Unten erfahren Sie mehr zu den zwei häufigsten Indikationen.

Lymphödem

Ein Lymphödem tritt dann auf, wenn die Transportkapazität des lymphatischen Systems verringert ist. Das kann aufgrund einer Fehlanlage, aber auch nach einer Verletzung der Lymphgefässe (z.B. durch Operation, Unfall) der Fall sein. Die interstitielle Flüssigkeit wird nicht mehr in ausreichender Menge abtransportiert, weshalb es zu einer vorerst weichen Schwellung (Ödem) kommt, die sich später Aufgrund von Eiweisseinlagerungen verhärten kann. Eine Therapie ist notwendig um Verhärtungen, Gewebeneubildungen und Infektionen im Bereich des Ödems zu verhindern.

Venöse Erkrankungen

Ein Grossteil des Blutes befindet sich in den Venen. Diese sind mit Klappen ausgestattet um den Blutfluss in Richtung Herzen sicherzustellen und einen Reflux (Rückfluss) zu verhindern. Sind die Venen erweitert und/oder die Klappen beschädigt, ist der Blutfluss verlangsamt. Die Filtration von Blutbestandteilen ins umliegende Gewebe wird erhöht, während die Versorgung mit Nährstoffen abnimmt. Es kommt zu funktionellen Beschwerden wie schweren Beinen, Spannungsgefühlen und Juckreiz.

Die schlechte Versorgungssituation sorgt in einem späteren Stadium ausserdem für Hautverfärbungen, Schwellungen, Stauungsekzeme und die Entstehung von Narbenherden (Atrophie blanche). Schwerste Folge von einer gestörten venösen Durchblutung ist das Ulcus cruris venosum, auch offenes Bein genannt, bei dem es sich um eine offene Wunde handelt, die nicht spontan abheilt.

Was bewirkt ein Lymphdrainagegerät?

Lymphdrainagegeräte werden zur apparativen intermittierenden Kompressionstherapie (AIK) eingesetzt. Über eine mehrkammerige Manschette wird Druck ans Bein oder den Arm appliziert. Diese Wechseldruckmassage wirkt sich sowohl auf die Hämodynamik, auf die Aktivität der Lymphgefässe, als auch auf die Verteilung der interstitiellen Flüssigkeit aus.

Hämodynamik

Die Manschette des Lymphdrainagegeräts wird in regelmässigen Abständen aufgepumpt. Dieser äussere Druck wirkt ähnlich wie die Muskelpumpe. Die Gefässe werden „ausgepresst“. Da der Druck von unten nach oben aufgebaut wird, wird das Blut in Richtung Herzen transportiert, auch wenn die Venenklappen beschädigt sind.

Verteilung der Flüssigkeit

Flüssigkeit im interstitiellen Raum lässt sich durch Druckapplikation verschieben. Dieser Effekt führt zu einer schnellen Volumenreduktion bei der Behandlung von Schwellungen.

Aktivität der Lymphgefässe

Lymphgefässe weisen Klappen auf. Der zwischen zwei Klappen liegende Gefässabschnitt ist mit Muskeln versehen, die den Lymphfluss antreiben. Diese sogenannten Lymphherzen (Lymphangion) ziehen sich 6-12 Mal pro Minute zusammen. Die Massagewirkung des Lymphdrainagegerätes regt die Lymphherzen zu häufigeren Kontraktionen an und begünstigt so den Lymphabfluss auch nach Abschluss der Behandlung.

Alternative Anwendungsmöglichkeiten

Die apparative intermittierende Kompression hat neben medizinischen Indikationen auch kosmetische Anwendungsmöglichkeiten.

Lymphdrainagegeräte werden unter anderem zur Behandlung von Cellulite eingesetzt. Wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte ausserdem ein positiver Effekt auf die Regeneration nach dem Sport.

Technische Fragen

Der geeignete Druck

Druckanzeige bei Lymphdrainage-Geräten

Bei den meisten Lymphdrainagegeräten lässt sich der Druck einstellen. Das Spektrum unterscheidet sich je nach Hersteller, beträgt aber in der Regel zwischen 20 und 250 mmHg. Von den meisten Herstellern und auch von Seiten der Medizin werden jedoch eher tiefe Behandlungsdrücke empfohlen.

Untersuchungen legen nahe, dass der ideale Behandlungsdruck bei ca.40-60mmHg liegt. Idealerweise wird die Behandlung mit einem niedrigen Druck begonnen und die Intensität langsam gesteigert. So lässt sich die persönliche Idealeinstellung ermitteln. Denn der Druck mit dem das beste Ergebnis erzielt werden kann, hängt auch vom individuellen Krankheitsbild, der Art der Manschette und der Aufpumpfrequenz des Gerätes zusammen.

Ob die Therapie korrekt durchgeführt wird, lässt sich an drei Punkten grob abschätzen. Wenn keine Schmerzen auftreten, eine Volumenreduktion stattfindet (bei Lymphödempatienten) und der Druck nicht über 100mmHg beträgt, sind die Voraussetzungen für eine korrekte, wirkungsvolle Therapie gegeben.

Drücke über 100 mmHg sind selten notwendig und sollten nur auf Anraten und unter Kontrolle eines erfahrenen oder im klinischen Bereich angewendet werden.

Wie viele Kammern braucht die Manschette?
Manschette zu Lymphdrainage-Gerät

Lymphdrainagegeräte werden mit verschiedenen Manschetten angeboten. Üblicherweise bieten die Hersteller Arm- und Beinmanschetten an. Wie viele einzelne Kammern diese ausweisen müssen ist nicht abschliessend geklärt. Ein Vergleich zwischen einkammerigen und mehrkammerigen Systemen hat aber gezeigt, dass die Wirksamkeit von mehrkammerigen Manschetten deutlich höher ist, weshalb Manschetten mit mindestens 3 Kammern zu bevorzugen sind.

Auf der Illustration rechts ist eine typische 4-Kammer-Manschette für den Arm abgebildet. Oben im Bild ist der Brustugurt zu sehen, welcher die Manschette befestigt.

Bauchmanschette ja oder nein?

Viele Lymphdrainagegeräte werden nicht nur mit Bein, sondern auch mit Bauch- oder Hosenmanschette angeboten. Die Befürworter versprechen sich davon eine wirkungsvollere Therapie, was bis jetzt aber nicht wissenschaftlich belegt werden konnte. Das Risiko an einem Genitallymphödem zu erkranken steigt aber erheblich, weshalb eher von Bauch- und Hosenmanschetten abzuraten ist. Besser sind einzelne Beinmanschetten ohne Bauchteil.

Aus medizinischer Sicht unsinnig sind Ganzkörper-Manschetten, da eine Druckerhöhung am ganzen Körper zu keiner Verschiebung von Flüssigkeit führt.

Besser auf „Zusatzfunktionen“ verzichten

Zurzeit werden Lyphdrainagegeräte vertrieben, die zusätzlich Tiefenwärme (Infrarotbehandlung) versprechen. Für die medizinische Anwendung sind solche Geräte nicht geeignet, da sowohl bei Venenerkrankungen, wie auch bei Lymphödemen auf Wärmeanwendungen verzichtet werden sollte. Wärme erweitert die Gefässe und führt zu Schwellungen.

Anwendungsfragen

Therapiedauer

Wie lange eine apparative Lymphdrainage dauert, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Manche Patienten können bereits in einer 10-minütigen Behandlung die gewünschte Entlastung erreichen, andere bevorzugen eine halbstündige Therapie. Die Therapiedauer kann sich ausserdem verlängern, wenn mehrere Extremitäten behandelt werden müssen. Um die Therapie beider Beine in möglichst kurzer Zeit zu ermöglichen bieten manche Hersteller Doppelbeinmanschetten an, mit welchen sich beide Beine gleichzeitig behandeln lassen.

Praxis oder zu Hause

Die apparative Lymphdrainage wird in verschiedenen Arztpraxen und Physiotherapien angeboten. Eine Alternative sind Geräte für die private Anwendung zu Hause (z.B. VASOprime wave4). Aus wirtschaftlichen Gründen ist die Anwendung zu Hause zu empfehlen. Die Kosten für die Anschaffung eines Gerätes sind bereits nach wenigen Monaten gedeckt. Weiter profitieren Patienten von einer deutlichen Zeitersparnis und gewinnen an Lebensqualität dazu, wenn die Behandlung zu Hause erfolgen kann.

Die Therapie in der Arztpraxis ist sinnvoll, um die Wirksamkeit der Therapie durch den Arzt überprüfen zu lassen.

Ist die Behandlung angenehm?

Ja. Die Anwendung eines Lymphdrainagegerätes darf keine Schmerzen verursachen, sie wären ein Hinweis auf einen zu hohen Druck oder eine unsachgemässe Anwendung. Die meisten Benutzer empfinden die AIK sogar als sehr angenehm, ähnlich wie eine Massage.

Was trägt man unter der Manschette?

Bei der Anwendung eines Lymphdrainagegeräts sollte man sich immer an die Angaben des Herstellers halten. Im Normalfall können unter der Manschette die Kompressionsstrümpfe (Achtung: Therapiedruck verringern), oder ein bequemes Kleidungsstück, z.B. eine leichte Trainingshose ohne Knöpfe und Reisverschluss getragen werden. Es gilt darauf zu achten, dass keine Druckstellen entstehen können.

Vergütung durch Krankenkasse

Geräte zur apparativen intermittierenden Kompressionstherapie (Lymphdrainagegeräte) sind auf der MiGeL Liste mit der Positions-Nr. 17.20.01.01.3 aufgeführt. Der Vergütungsbetrag liegt bei 1.85 Miete/Tag. Das bedeutet, die Miete eines Lymphdrainagegeräts muss von der obligatorischen Krankenversicherung vergütet werden, wenn ein ärztliches Rezept vorliegt. Limitation: Die Krankenkasse übernimmt die Mietkosten für höchstens drei Monate (Testphase). Eine Abrechnung des Betrags über die Zusatzversicherung ist nicht zulässig. Lediglich der Betrag der die 1.85 Miete/Tag übersteigt kann von der Zusatzversicherung vergütet werden.

Ab dem 1. April 2019 ist auch die Kostenübernahme bei einem Kauf möglich. Mehr dazu erfahren Sie im Beitrag Vergütung VASOprime wave 4 durch die Krankenkasse.

Zögern Sie nicht, bei Fragen zu Lymphdrainage-Geräten unsere ärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Mehr Informationen zu Lymphdrainage-Gerät für zu Hause.


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