Das Lipödem

Beim Lipödem handelt es sich um eine Fettverteilungsstörung. Das Körperfett wird nicht über den gesamten Körper verteilt sondern nur an der Hüfte, den Oberschenkeln, teilweise auch an den Unterschenkeln oder Armen eingelagert. Rumpf, Hals meist auch Unterschenkel und Arme sind nicht vom Ödem betroffen und bleiben schlank. Eine Abmagerungskur ist deshalb nicht erfolgreich. Bei einer Fettansammlung an Hüfte und Oberschenkel spricht man oft von Reiterhosenphänomen. Ist das Lipödem bis zu den Unterschenkel ausgebreitet, endet es normalerweise am Sprunggelenk, wobei das Gelenk vom Fett überlappt wird. Hier spricht man vom Suavenhosenphänomen. Ist das Ödem zuerst auf Hüfte und Oberschenkel beschränkt, kann es sich mit den Jahren auch auf die Unterschenkel und Arme ausbreiten.

Betroffen von dieser Fettverteilungsstörung sind hauptsächlich Frauen. Die weitervererbte Krankheit bricht meist infolge einer Hormonumstellung aus. Am häufigsten in der Pubertät oder im Verlauf einer Schwangerschaft. Aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit des Fettgewebes bei Frauen und Männern sind Männer sind nur sehr selten und in Folge von schweren Lebererkrankungen oder nach der Behandlung eines Prostatakarzinoms betroffen.

Unterteilung des Lipödems

Bei der Einteilung des Lipödems nach Herpertz, U./ Schrader, K. werden 4 Typen unterschieden.

  • TYP 1a: Vermehrung des Fettgewebes an Hüfte und Po.
  • TYP 2a: Das Lipödem breitet sich über Hüfte, Po und Oberschenkel aus.
  • TYP 3a: Die Fettgewebsvermehrung reicht von Hüfte und Po über die Ober- und Unterschenkel bis hin zum Knöchel.
  • TYP 4a: Die Beine und Arme sind von der Lipohyperplasie betroffen.

Jeder Typ ist ebenfalls als b-Typ vertreten. Hier verursacht das vermehrte Fettgewebe zusätzlich Beschwerden.

Neben seiner Ausbreitung kann das Lipödem aufgrund der Gewebestruktur in drei Stadien unterteilt werden.

  • Stadium 1: Die Hautoberfläche ist glatt. Das Gewebe ist feinknotig. Es sind höchstens kleine Dellen spürbar.
  • Stadium 2: Die Hautoberfläche ist uneben. Man spricht auch von Orangenhaut. Das Gewebe ist grobknotig und weist wallnuss- faustgrosse Knoten auf.
  • Stadium 3: Das Fettgewebe ist deformiert und hängt in grossen Lappen runter.

Ursache

Die Ursache des Lipödems ist nicht abschliessend geklärt. Sicher ist, dass in ca. 60% der Fälle eine familiäre Häufung auftritt, was für die Vererbbarkeit der Erkrankung spricht. Die Betroffenen leiden an einer Vermehrung der Fettzellen und an einer ungewöhnlichen Strukturierung des Fettgewebes. Während die Zahl der Fettzellen im Normalfall gleich bleibt und die Zellen bei Gewichtzunahme lediglich an Grösse zulegen, bilden sich bei einem Lipödem neue Fettzellen.

Ausserdem sind die feinsten Kapillargefässe bei Lipödempatienten fragiler, was die Neigung zu blauen Flecken (Hämatome) erklärt.

Symptome

  • symmetrische Fettgewebevermehrung, meist im Bereich von Gesäss und Oberschenkel (siehe dazu Typen)
  • Ödem (Wassereinlagerung)
  • Disproportion zwischen Rumpf und betroffenen Extremitäten
  • die Füsse/ Hände sind nicht von der Schwellung betroffen
  • hohe Druckempfindlichkeit des geschwollenen Gewebes
  • Kragenbildung im Bereich der Gelenke
  • Hämatomneigung
  • Schwere-, Spannungsgefühl in den betroffenen Regionen
  • Bei fehlender Bewegung und im Tagesverlauf nimmt die Schwellung und Druckempfindlichkeit zu

Diagnose

Das Lipödem tritt selten auf und wird deshalb von vielen Ärzten nicht erkannt. Die Diagnosestellung erfolgt meist durch einen spezialisierten Arzt des Fachgebiets Angiologie oder Phlebologie. Er erstellt die Diagnose anhand der Anamnese, Inspektion und Palpation (Abtasten) der Patientin. Selten sind verfahren wie eine Lymphographie notwendig, um das Lipödem von den Differentialdiagnosen abzugrenzen.

So läuft die Untersuchung ab:

  • Anamnese: Der Arzt fragt die Betroffene nach ähnlichen Fällen in der Familie, nach dem Aktivitätslevel, wann die Schwellung erstmals aufgetreten ist, wie sich das Ödem im Tagesverlauf verhält und vieles mehr.
  • Inspektion: Bei einem Lipödem auffällig ist die disproportionale Fettvermehrung. Ausserdem sind die Hände und Füsse nicht von der Schwellung betroffen. Im Bereich der Gelenke bildet sich deshalb eine Art Kragen. Zur Diagnose, aber auch zur Verlaufskontrolle werden Werte wie der Body-Mass-Index (BMI), das Verhältnis der Taille zur Hüfte (Waist-Hip-Ration, WHR) und der Hüfte zur Körpergrösse (Waist-Height-Ratio) ermittelt und festgehalten. Auch eine Umfangs- und allenfalls Volumenmessung gehören zur Untersuchung.
  • Palpation: Das Gewebe bei Lipödem ist knotig, es besteht eine geringe Drucktoleranz. Der Arzt überprüft ausserdem das Stemmer-Zeichen. Dabei wird mit zwei Fingern einer Hautfalte an der Zehe abgehoben. Ist das nicht möglich, besteht ein Lyphödem. Beim Lipödem ist das Stemmer-Zeichen negativ. Das heisst, es lässt sich auf der Zehe eine Hautfalte abheben.

Differentialdiagnose

Das Lipödem ist nicht einfach zu diagnostizieren, auch weil es ähnliche Symptome zeigt, wie die Lipohypertrophie, Adipositas und Lymphödem. So lässt sich das Lipödem abgrenzen:

  • Lipohypertrophie: Wie beim Lipödem ist bei der Lipohypertrophie eine disproportionale Fettgewebevermehrung vorhanden. Es kommt aber zu keiner vermehrten Wassereinlagerung (Ödem) und das Gewebe ist nicht übermässig druckempfindlich. Eine Hämatomneigung ist nur selten und in geringem Ausmass zu beobachten.
  • Adipositas: Bei Übergewicht kommt es zwar auch zu einer Vermehrung des Fettgewebes, diese ist aber proportional am Körper verteilt und führt nur selten zu Wassereinlagerungen. Die andern Symptome des Lipödems sind nicht vorhanden.
  • Lymphödem: Das Lymphödem lässt sich meist schon anhand der Lokalisierung vom Lipödem unterscheiden. Es tritt vorwiegen an den unteren Enden der Extremität auf, während das Lipödem meist an den körpernahen Bereichen der Extremität betont ist. Auch eine Fettvermehrung, Hämatomneigung und Druckschmerz fehlen beim Lymphödem. Mehr zum Lymphödem erfahren Sie im Beitrag „Lymphödem„.

Risikofaktor Lipödem – Komplikationen und Folgeschäden

Das Lipödem ist Risikofaktor für zahlreiche Folgeschädigungen. Das Fettgewebe bringt sowohl Lymphsystem, als auch die Venen in Bedrängnis. Das Lymphödem gilt deshalb auch als Hauptkomplikation. Die wuchernden Fettzellen drücken Lymphgefässe ab, sodass es zu einer Stauung von Lymphe im Gewebe kommt. Die Therapie erfolgt wie bei einem „normalen“ Lymphödem durch Lymphdrainage und Kompressionstherapie. Krampfadern sind ebenfalls häufig im Zusammenhang mit einem Lipödem anzutreffen. Eine regelmässige phlebologische Untersuchung wird deshalb angeraten. Das Risiko zum Lipödem hinzu ein Lymphödem zu entwickeln oder an Krampfadern zu erkranken steigt bei grosser körperlicher Belastung und übermässigem Konsum von Genussmitteln.

Eine weiter Schwierigkeit, die das Lipödem mit sich bringt ist die schwer zu erreichende Gewichtskontrolle. Jede noch so kleine Gewichtszunahme geschieht an Beinen und Armen. Eine Gewichtsreduktion geschieht aber immer nur am Gesicht, Bauch und Brust.

Behandlung des Lipödems

Das Lipödem ist eine chronisch Krankheit, die einen das Leben lang begleitet. Es ist also wichtig, dass die Betroffenen lernen mit der Erkrankung zu leben und ausprobieren, was Ihnen gut tut. Zusammen mit einem Arzt lassen sich die besten Behandlungsmethoden finden. Bei einem Lipödem ist die Arztwahl nicht immer einfach. Denn selbst fachkundige Kinder- und Hausärzte erkennen das Lipödem häufig nicht als Krankheit und raten den Patienten zu Diäten. Von Abmagerungskuren jeglicher Art ist aber dringend abzuraten. Durch die verminderte Nahrungsaufnahme stellt der Körper auf Sparflamme um. Nimmt man nach der Diät wieder normale Nahrung zu sich lagert der Körper sofort möglichst viel Fett ein. Dieser Yo-Yo-Effekt ist bei allen Menschen zu beobachten. Bei Lipödempatienten sind die Folgen aber schwerwiegender. Die Gewichtszunahme erfolgt lediglich im Bereich des Ödems. Besser ist es das Gewicht durch gesunde Ernährung zu halten, oder Übergewicht sehr langsam durch die richtige Ernährung abzubauen. Wie oben bereits erwähnt, verschlimmern sich die Symptome oft durch den Konsum von Genussmitteln. Wenn immer möglich sollte deshalb auch Koffein und Alkohol verzichtet werden.

Sport

Sport und Bewegung bringen den Kreislauf in Schwung und unterstützen den Abtransport von Lymphe aus dem Gewebe. Regelmässiges Schwimmen, Fahrradfahren, Spazieren, Walken oder gezielte Gymnastikübungen sind also empfehlenswert.

Liposuktion – die Lösung aller Probleme!?

Die Liposuktion bei einem Lipödem wird kritisch diskutiert. Eine Heilung des Lipödems ist auch durch Liposuktion nicht möglich. Von Betroffenen hört und liest man indessen immer wieder, dass die Volumen und Gewichtsreduktion durch Fettabsaugung eine enorme Entlastung und verbesserte Lebensqualität gebracht hat. Wer eine Liposuktion in Betracht zieht, muss diese Entscheidung unbedingt mit einem spezialisierten Arzt besprechen. Denn die Nebenwirkungen können bei einer Liposuktion des Lipödems schwerwiegender und anders sein, als bei einer Liposuktion aus rein ästhetischen Beweggründen. Auch ein gutes Langzeitergebnis ist nicht garantiert.

KPE bei Typ-b Lipödemen

Verursacht ein Lipödem keine Beschwerden und sind keine Komplikationen zu beachten reichten die oben beschriebenen Massnahmen aus, um eine möglichst gute Lebensqualität zu erhalten. Bei Typ-b Lipödemen wird zusätzlich die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE, mehr darüber im Bericht „Komplexe physikalische Entstauungtherapie„) angewendet. Manuelle Lymphdrainage fördert den Abtransport von Lymphe aus dem Gewebe. Direkt nach der Lymphdrainage werden Kompressionsverbände angelegt, um ein erneutes Anschwellen des Gewebes zu verhindern. In einer späteren Phase werden die Kompressionsverbände durch Kompressionsstrümpfe ersetzt.

Kompressionsmieder

Da sich die Fettvermehrung bei Lipödem vor allem an Gesäss und Oberschenkeln manifestiert, ist eine übliche Kompressionsstrumpfhose meist nicht ausreichend, um das erkrankte Gebiet zu versorgen. An Stelle von Strümpfen fällt die Wahl deshalb häufig auf Kompressionsmieder, insbesondere Hosen mit Bauchteil. Neben dem therapeutischen Effekt sorgen die Hosen auf für eine ästhetische Verbesserung – die Figur wird in Form gebracht. Sollten Sie sich für ein Mieder entscheiden, so greifen Sie auf ein geprüftes Medizinalprodukt zurück. Nur bei korrektem Druckverlauf kann auch eine Wirkung erwartet werden.

Im Bild sehen Sie eine medizinische Kompressionshose der Marke LipoElastic.

Befindet sich das Lipödem bereits im Stadium II oder ist die Patientin noch sehr jung, ist zu Beginn der Behandlung ausserdem ein Klinikaufenthalt angezeigt. Dort kann besser auf die Bedürfnisse der Patientinnen eingegangen werden. Bei jungen Frauen ist neben der medizinischen Versorgung auch der Kontakt zu Leidensgenossinnen ein Grund für den Aufenthalt in eine Lymphklinik. Der Kontakt wirkt sich positiv auf das oft gestörte Selbstwertgefühl aus.

Tipps für den Alltag

Bei einem Klinikaufenthalt werden den Lipödem Patienten ausserdem hilfreiche Tipps für den Alltag mitgegeben. Hier einige allgemeine Ratschläge für Betroffene:

  • Möglichst lockere, bequeme Kleidung wählen die nicht einschneidet.
  • Die Haut regelmässig nach den Vorgaben des Arztes pflegen und Sonnenbrand oder Verletzungen vermeiden.
  • Auf eine gesunde Ernährung achten und möglichst auf Zucker und Weissmehl verzichten.
  • Bei Haus und Gartenarbeiten immer Handschuhe und geschlossene Schuhe tragen, um Verletzungen zu vermeiden.
  • Beim Schlafen die betroffenen Arme und Beine leicht hochlagern.
  • Auf Wärmeeinwirkung verzichten. Solarium, Fango, Sauna und heisse Bäder meiden.
  • Auf Entzündungsanzeichen wie Schmerzen, Fieber und Rötungen achten und nötigenfalls den Arzt aufsuchen.

Weiterführende Informationen und Links

Die Informationen wurden anhand medizinischer Leitlinien zusammengestellt und von einem Arzt überprüft.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (10/2015): S1 -Leitlinie Lipödem, AWMF Registernummer 037-012; ICD 10 R60.9 Ödem, nicht näher bezeichnet https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-012l_S1_Lipoedem_2016-01.pdf